Null-Toleranz für unzulässige Pauschalisierung

Sehr geehrter Herr Dr. Thill-Heusbourg,

 

In der Ausgabe vom 7.11.2007 schreiben Sie gegen den Alkoholkonsum generell und im Kontext Straßenverkehr speziell an. Sie vertreten Ihren Standpunkt durchaus nachvollziehbar, differenziert und erwähnen lobenswerterweise auch, dass es fachliche Sichtweisen gibt, die von Ihrer eigenen Überzeugung verschieden sind. Auch die üblichen Sprüche zur Dekulpabilisierung bzw. zur sozial tolerierten oder sogar wohlwollenden Verniedlichung des Alkohols zitieren Sie m.E. richtig. 

Nicht richtig ist hingegen Ihr Statement bezüglich der Problematik der 0,2-Promille-Grenze für Fahrer von Einsatzfahrzeugen der freiwilligen Rettungsdienste.So birgt Ihr Satz „… Berichte über Angehörige der freiwilligen Feuerwehr, welche die für ihren Beruf geltende Obergrenze von 0,2 Promille als diskriminatorisch empfinden …“ schon einen inhärenten Widerspruch. Wie Sie richtig bemerkten, sind es Freiwillige, und das, was diese ausüben, kann demgemäß nicht ihr Beruf sein. 

Ohne mich diesbezüglich in Rabulistik zu ergehen, erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass es für freiwillige Helfer eine m. E. unzulässige Einschränkung ihrer Lebensgestaltung darstellt, wenn von ihnen quasi permanent erwartet wird, im Hinblick auf einen eventuellen Einsatz abstinent zu bleiben. Im Falle von organisierten Bereitschaftsdiensten oder einer Berufsfeuerwehr mit Dienstplänen ist dies durch interne Dienstanweisungen bereits arbeitsrechtlich geregelt und es bedarf keines zusätzlichen normativen Aktionismus. Ebenso ist es falsch, von Dienstverweigerung zu sprechen. Vielmehr ist es so, dass unter den nun geltenden gesetzlichen  Rahmenbedingungen der Dienst bzw. die Dienstfahrt im sog. Eildienst nicht mehr zulässig ist. Die Diskussion bleibt abstrakt, sofern keine empirischen Daten hinsichtlich der substanzinduzierten Unfallhäufigkeit bei Einsatzfahrten unter Sondersignal vorliegen. 

Außerdem bedient Ihre Aussage das Klischee von den trinkfreudigen Freiwilligen und dient letztendlich einer unwissenschaftlichen Pauschalisierung. Diese lehne ich für den Bereich der freiwilligen Rettungsdienste ab, genau wie Sie eine pauschale Bewertung der luxemburgischen Neurologie aufgrund der aktuellen Medien-Hype legitimerweise ablehnen würden.

Reiner Hesse M.A.

(Politik/Soziologie)

Kantonalinstruktor 

 

Luxemburger Wort, 21.11.2007

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